Oftmals bereiten wir uns Frauen darauf vor, in Arbeitssituationen arroganten Chefs Paroli zu bieten.
Bei Kolleginnen sind wir häufig völlig arglos, setzen uns für die „Schwestern“ ein, die weniger Geld verdienen und niedriger eingestuft wurden.
Wir meinen, wir sitzen mit den anderen Frauen in einem Boot: Schließlich wissen wir, wie es ist, sich mit fiesen Menstruations-Bauchschmerzen herumzuschlagen und Kinder zu bekommen.
Mütterlich oder freundlich wirkenden Kolleginnen sind wir hilflos ausgeliefert, wir mögen sie einfach.
Sie erinnern uns an unsere liebe Oma mit dem Apfelkuchen oder die Mama, die leider viel zu früh verstorben ist.
Deshalb merken wir oft nicht, wenn in seltenen, dafür umso schmerzhafteren Fällen eine (eigentlich) so freundliche Kollegin uns fortwährend berufliche Beine stellt.
Wir wundern uns manchmal, warum erst zugewandte Mitarbeiterinnen sich von uns abwenden.
Wenn der Chef plötzlich seltsame Bemerkungen macht, die wir nicht deuten können.
Wahlweise wirst du einfach ständig bei interessanten Aufgabenverteilungen übergangen.
Oder du fühlst dich, als wenn du mit einem Eisbrecher in der Antarktis unterwegs bist, wenn du früh ins Büro kommst.
Weibliche Machtstrategien im Beruf können sehr schmerzhaft sein und dir dauerhaft emotionale Wunden zufügen.
Gerade wenn du hochsensibel und feinfühlig bist, dann möchtest du die Welt als einen warmherzigen Ort sehen, an dem jeder dem anderen hilft. Deshalb ist es wichtig, dass du diese Möglichkeit der weiblichen Konkurrenz nicht ausschließt, denn sie ist nicht sofort ersichtlich.
Dann ist dir vielleicht dieser Erfahrungsbericht vertraut? Sarah ist eine sehr sensible, feinfühlige Frau.
Sie versucht immer, es allen recht zu machen und setzt das Wohl der anderer Menschen meist über ihr eigenes.
Als sie endlich ihren Traumjob bekam, lächelte ihre Kollegin Beatrice ihr freundlich zu. Sarah mochte ihre mollige Statur und ihr nettes Auftreten. Sie selbst kam aus einem schwierigen Elternhaus, deshalb kam ihr die mütterlich wirkende Art von Beatrice ihr sehr entgegen.
Zugewandt und bereitwillig beantwortete sie deshalb auch alle persönlichen Fragen ihrer Kollegin, wenn es ihr auch manchmal seltsam vorkam, dass diese so viel über sie wissen wollte. Aber in der Berufswelt ist ja ohnehin eine Kälte und Ruppigkeit eingekehrt, so dachte sich Sarah.
Sie erzählte auf Nachfrage über ihre komplizierte Beziehung zu ihrem Mann und ihrer Mutter. So nach und nach plauderte sie auch noch mit Beatrice über ihre gesundheitlichen Probleme und ihre Agoraphobie.
Nach ihren Gesprächen verstand sie selbst nicht, warum sie mit Beatrice so offen über alles gesprochen hatte. Eigentlich wirkte ihre Kollegin freundlich-distanziert. Jedoch schien sie selbst nie viel über sich preiszugeben und wirkte, als säße sie hinter einer unergründlichen Mauer.
Trotzdem entlockte sie Sarah mit den scheinbar richtigen Fragen genaue Einzelheiten, obwohl sie sich nie als Plaudertasche gesehen hatte.
Einige Zeit ging alles gut, so dass die hochsensible Sarah keinen Grund für Skepsis erkennen konnte.
Bis sie eines Tages vom Chef in sein Büro gerufen wurde. Sarah sollte ab sofort ein neues Projekt übernehmen, welches mit einer höheren Verantwortung und einer Gehaltserhöhung verbunden war.
Sie freute sich auf die neuen Aufgabe, da sie durch ihren speziellen Studienabschluss bestens dafür geeignet war.
Endlich konnte sie ihr erworbenes Wissen praktisch anwenden. Strahlend kam sie aus dem Büro und ihr erster Blick traf auf Beas hochgezogene Augenbrauen. Bei lächelte frostig.
Es war der Anfang vom Ende. Sarah durchlitt in der Folge vier Eskalationsstufen, welche bei ihr letztendlich dazu führten, dass sie mit starken gesundheitlichen Beschwerden ihren Job hinwarf und verzweifelt kündigte.
Durch ihre neue, herausgehobene Position stellte sie nun für ihre Kollegin eine Angriffsfläche innerhalb des sogenannten „horizontalen Kommunikationssystems“ dar.
Manchmal kann es aber auch sein, dass gewisse Frauen einfach nur Neid hervorrufen, weil sie in den Augen einer Eiskönigin einfach zu beliebt, zu lebenslustig und heiter, zu hübsch oder zu umschwärmt von männlichen Kolleginnen ist. Dann beginnt manchmal ein erbarmungsloser (versteckter) Kampf.
Männer agieren im Beruf meist nach „vertikalen“ Grundsätzen: Wer ist der Ranghöchste, wie verlaufen die Hierarchiestufen und wo befindet sich mein Revier?
Die Kommunikation im vertikalen System verläuft meist sehr direkt.
Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise schon seit Wochen den Seminarraum gebucht hat und gerade mit seinem Team die Besprechung beginnen möchte – der Chef jedoch auch Besuch hat, dann ist klar, wer den Raum die nächsten Stunden nutzt. Konflikte werden durch Rangklärung ausgeräumt: „Sie sind hier nur der Mitarbeiter/eine Hilfskraft etc.”
Frauen arbeiten in einem „horizontalen“ System: Wichtige Kriterien für diese Gemeinschaft sind der Wunsch nach Zugehörigkeit und gemeinsame inhaltliche Interessen.
Während die Kommunikation im vertikalen System meist knapp und präzise verläuft, gibt es im horizontalen System ausführliche Gesten der Anteilnahme.
Ich war in beiden Systemen beruflich tätig.
Wenn ich in einem Automobilzulieferer-Betrieb morgens den Teamleiter fragte: “Wie haben Sie das Wochenende verbracht? Wie geht es Ihnen?“ erhielt ich ein kurzes, aber unwirsches Kopfnicken. „Danke, sehr gut. Worauf ich jetzt zu sprechen kommen möchte ist die OPL für diese Woche…“.
Im öffentlichen Dienst mit einem hohen Frauenanteil wäre es undenkbar gewesen, so knapp meine Bitten vorzutragen.
Zuerst erfolgte ein „Warmlaufen“ mit Anteilnahme, dass die Tochter wieder so ungern die Hausaufgaben gemacht hat und der Montag generell immer ein schlimmer Tag ist. Erst dann darf im horizontalen System die inhaltliche Komponente besprochen werden. Es ist durch Zugehörigkeit und Anteilnahme gekennzeichnet.
Deshalb ist es wichtig, die Spielregeln der Systeme zu kennen.
Gibt es in diesem System Konflikte, erfolgt ein Nähe-Distanz-Spiel: „Du meinst wohl, du bist etwas Besseres? Du bist keine von uns!“
Dies ist für Frauen meist besonders schlimm und demütigend. Im vertikalen System werden Konflikte offen ausgetragen, im horizontalen System werden schmerzhafte Nadelstiche gesetzt, die unter einem freundlich-kalten Lächeln (der Lächelmuskel der Wange wird betätigt, ohne innere Beteiligung) verborgen werden. Aussprachen enden daher oft wie das Hornberger Schießen.
In einem System, in dem sich meist nur Frauen aufhalten, kannst du – falls Konflikte auftauchen – ein Gefühl bekommen, dass du nicht erwünscht bist.
Du fühlst dich nicht mehr in die Gemeinschaft aufgenommen und angenommen. Wenn es Feiern gibt, „vergisst” die Eiskönigin, dich einzuladen.
Sie sagt dir mit einem Lächeln gemeine Dinge, so dass du nicht auf die Nadelstiche reagieren kannst. Du fühlst dich wie vor den Kopf gestoßen und ein Unwohlsein macht sich in dir breit.
Eskaliert ein Konflikt (vielleicht bist du befördert worden oder verdienst mehr Geld als deine Kolleginnen), wenden sich mehrere Personen von dir ab – du weißt aber keinen richtigen Grund dafür.
Eine Auseinandersetzung wird nicht offen ausgetragen.
Es werden Gerüchte über dich verbreitet, welche nur aus einer früheren harmlosen Erzählung über deine Familie entstand. So fragen dich vielleicht Personen aus anderen Abteilungen, ob du dein Alkoholproblem überwunden hast oder ob dein Burnout schon besser geworden ist.
Du hattest keines von beiden. Du bist nur einer weiblichen Machtstrategie im Beruf zum Opfer gefallen.
Nachfolgend findest du einige Möglichkeiten, um weiblichen Machtstrategien wirkungsvoll zu begegnen.
Natürlich musst du jetzt nicht zur Sphinx mutieren 🙂 Aber gewisse Dinge darfst du gerne für dich behalten. Es ist nicht nötig, allen Kolleginnen ALLES haarklein zu berichten: Mit Nennung von Namen und detailgetreuen Geständnissen. So können deine Seelensorgen später nicht gegen dich verwendet werden.
Baue dir von Anfang an planmäßig und organisiert Kontakte im Beruf auf. Mir ging es so, dass ich gedacht habe, dass mein „kleines Nest“ mit meinen Lieblingskolleginnen der eigenen Abteilung ausreicht. Warum noch andere Beziehungen pflegen, wenn es mir doch in meiner eigenen Organisation gut ging? Aber als ich eine neue Aufgabe übernehmen wollte, reagierten die Abteilungskolleginnen mit Abwehr und Ausschluss. Deshalb ist es gut, wenn du dir Verbündete innerhalb der Gesamtorganisation suchst und nicht nur die berufliche Aufgabe in den Vordergrund stellst.
Ich weiß nicht, wie es dir geht: Aber ich wollte immer gerne Everybodys’ Darling sein, von allen gemocht werden und unter einem großen Familienweihnachtsbaum sitzen 🙂 Es war mir wichtig, dass ich dazugehörte und in Harmonie arbeitete. Erstens ist das ein Trugschluss – es funktioniert nun einmal nicht, dass wir uns alle im Morgenkreis die Hände halten. Wenn du aber Selbstliebe praktizierst und dein Selbstbewusstsein stärkst, dann kannst du es auch einmal aushalten, nicht von allen gemocht zu werden. Dann geht es dir um die Sache und dafür stehst du ein. Dein gekränktes Ego ist dir dann nicht mehr ganz so wichtig.
Stärke dein Privatleben und umgib dich mit Menschen, die dich vorbehaltlos und bedingungslos lieben und akzeptieren. Baue dein Hobby weiter aus oder schaffe dir vielleicht sogar ein zweites berufliches Standbein, welches du nebenbei erschaffst. So hast du mehrere Quellen und machst dich nicht abhängig von einem lieblosen Umfeld.
Du leistest hervorragende Arbeit, hast dich qualifiziert oder ein Projekt besonders gut abgeschlossen? Es ist normal, dass dann bei anderen Personen auch einmal Neid aufkommt. Du wirst es nicht schaffen, dass JEDER ein Wohlgefühl hat und dir uneingeschränkt gratuliert. Manche Menschen werden an ihre eigene Unzulänglichkeit erinnert, wenn du für deine Erfolge gefeiert wirst. Nur, wenn du keinen Schritt aus dem Haus gehst oder dich in einer Höhle verkriechst, wirst du keinen Neid erleben – oder vielleicht doch, wenn du eine schönere Höhle als dein Nachbar hast 😉
Du hast es nicht nötig, ständig für Menschen zu arbeiten, die deine Bemühungen nicht wertschätzen. Wenn es dir zu eisig wird, dann wandere in wärmere Gefilde aus. Es gibt sie wirklich 🙂
Viele Eisköniginnen gedeihen besonders gut in einem Klima, in dem ein weicher, nicht durchsetzungsfähiger Chef agiert. Entweder hat er selbst zu viel um die Ohren, dass er sich um „die Zickerei“ nicht kümmern mag (ein Gewinn für weibliche Machtstrateginnen) oder er ist ein großer, netter Junge, der Mama nicht widersprechen will 😉 Auf jeden Fall kannst du nicht auf ihn zählen. Er wird nicht durchgreifen.
Deine Kollegin lächelt dich an und spricht schnell einen Monolog in deine Richtung herunter. Jedoch sind auch einige Sprengkugeln darin versteckt, denen du einfach nicht ausweichen kannst. Du nickst dazu, dass du schon wieder einen Sondereinsatz hast, Überstunden machen sollst oder die ungeliebte Aufgabe bei dir landet. Du kommst dir vor, als wenn ein schmieriger Staubsaugervertreter dir drei neue Stausauger angedreht hat, obwohl du nicht mal einen gebraucht hättest. Dann unterbrich ruhig und sage: MOMENT! Was hast du da gerade gesagt? Strukturiere das Gesagte und wiederhole die Essenz daraus. Dann entscheidest du in Ruhe („Ich möchte bis morgen darüber nachdenken“) ob du der Angelegenheit wirklich zustimmen möchtest.
Manchmal musst du einfach „STOP“ sagen, um deine Grenzen zu schützen.
Hab kein schlechtes Gewissen: Kein Mensch hat das Recht, über deinen Gartenzaun zu steigen und dort Unheil anzurichten.
Wenn du also (vielleicht auch rechtliche) Grenzen setzen musst, dann ist das in Ordnung.
Einen Artikel dazu kannst du HIER lesen.
Dass diese Ratschläge leicht gesagt, aber manchmal schwer umgesetzt werden können, weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich bin selbst zwei Mal über Eisköniginnen gestolpert, die ja auch durchaus nett und charismatisch sein können. Gerade deshalb tut es ja auch so weh.
Wenn du für deine Bemühungen nur ein paar lumpige Groschen hingeworfen bekommst, darfst du dich gern umdrehen und gehen.
Manchmal gibt es eine Wand, an der du dich nicht dein ganzes Leben abarbeiten musst. Dieser Weg ist versperrt, dafür kommst du vielleicht an eine sonnige Oase, in eine andere blühende Landschaft oder eine blumengesäumte Straße.
Im Nachhinein wird es sich vielleicht als Glück herausstellen.
Der moderne Philosoph Stefan Hiene sagt, dass jede Absage auch ein Geschenk beinhaltet. Manchmal wollen wir es nicht auspacken – aber letztendlich lohnt es sich. Wenn du auf feindliche Kolleginnen getroffen bist, dann heißt das nicht, dass die ganze Welt gegen dich ist. Dies ist nur eine kleine Episode – denn es liegt nicht an dir. Es liegt an ihnen.
Was du gerade spürst, ist ein Verlust an Anerkennung, Aufgehobensein und Akzeptanz. Dies kann die schlimmsten Ängste und vielleicht auch unbewusste Kindheitserinnerungen hervorrufen. Momente, in denen du dich ausgeschlossen und nicht angenommen fühltest. Eine Übung, die Katharina Pommer in “The Process” beschrieben hat, geht folgendermaßen: Wenn du wieder in einer Konfliktsituation bist, dann gehe kurz auf die Toilette. Zähle dort für dich: Fünf – vier – drei -zwei – eins. Dann nimm fünf Dinge wahr, die du hörst, die du siehst und fühlst. Umarme dich dann und gib dir selbst Halt. Dann kannst du wieder etwas gestärkter in eine Situation gehen.
Der Atem ist ein großes Geschenk: Er gehört nur dir und er sorgt jederzeit für dich.
Wenn du lernst, ihn sanft zu beobachten und weich zu atmen, hast du ein wirkungsvolles Instrument gegen Stress in der Hand.
Lea Hamann erklärt genau, wie du den Atem weich steuern kannst. Sie erklärt es hier.
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Zum Weiterlesen: Modler, Peter: Die freundliche Feindin. Weibliche Machtstrategien im Beruf. Piper Verlag 2017. Bestellen kannst du es hier.
Wie geht es dir im Beruf? Bist du schon einmal einer freundlichen Eiskönigin begegnet oder musstest einen Konflikt im horizontalen System austragen?
Berichte mir gern von deinen Erfahrungen.
Pass gut auf deine Seele auf,
Herzlich, Deine
@Katharina Ott Coaching 2024
Kontakt: katharina(klammeraffe)dein-bester-weg.de
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